Chanukka und der Sieg über die Hellenisten 5571

17. Dezember 2010 geschrieben von   Freigegeben in Chanuka
Anhänge herunterladen

ב"ה

Purim und Chanukka - wir kennen wohl alle die traditionellen Auslegungen zu den diesen zwei Festen zugrunde liegenden kritischen Zeitpunkten: Zu Purim wollte Haman der Böse unser Volk physisch ausrotten, zu Chanukka waren es die Griechen, die Yevanim (wir nennen sie im Folgenden: Hellenisten), die unserer Nation das geistliche Leben zu nehmen gedachten. So heißt es in dem bekannten Lied „Ma‘os Zur Yeshu‘ati“, das wir Jahr für Jahr zu Chanukka singen: „Den Stamm der Zypresse (Israel) wollte Agag, der Sohn des Hamdata, fällen, doch wurde es ihm zum Fallstrick, und sein Hochmut hatte ein Ende“, „Griechen versammelten sich gegen mich, damals, zur Zeit der Chaschmanim. Sie durchbrachen die Mauern meiner Türme, verunreinigten alles Öl.“

Was war die boshafte Absicht der „Hellenisten“? Was führten sie hinterlistig im Schilde? Die Antwort hierauf, die wir regelmäßig zu Chanukka in der Tefillah (Amidah) und im Tischgebet (Birkat ha-Mason) einschalten, kennen wir ebenfalls: „In den Tagen Matityahus, Sohn des Hohepriesters Yochanan des Chashmonai und seiner Söhne, als das frevelhafte griechische Reich gegen Dein Volk Israel aufstand, um es Deine Lehre vergessen zu machen und es von den Satzungen Deines Willens abzubringen ...“

Wir lernen hieraus also folgendes: Es war der intendierte Wille der „Hellenisten“, so haben uns die Weisen überliefert, Israel die Lehre HASHEMS vergessen zu machen und es von den Satzungen Seines Willens abzubringen. Soweit so gut - oder so schlecht.

Doch oft ziehen wir daraus zwar den richtigen, aber nur unvollständigen Schluss, dass mit diesem Ansinnen der „Hellenisten“ die Ausübung der Mitzvot und der Dienst an HASHEM komplett ausgelöscht und in unserem Volk gänzlich zum Erliegen kommen sollte. Baruch HASHEM, dazu ist es ebenso wenig wie seinerzeit zu Purim gekommen. „Baruch Mordechai ha-Yehudi ... beruchah Ester meginah ba‘adi“ (Gelobt sei der Jude Mordechai ... gesegnet sei Ester, die mich beschützte), so singen wir in dem traditionellen Purim-Lied „Shoshanat Ya‘akov. Zu Chanukka lautet der Jubel über den Sieg: „Hava, narimah Nes va-Avukah, yachad poh nashira Shir ha-Chanukka. Perach el Perach, Ser gadol nish’sor, le-Rosh ha-Menaze’ach Makkabi Gibbor“ (Auf, lasst uns das Banner und die Fackel erheben. Gemeinsam singen wir hier das Lied von Chanukka. Blume an Blume, so wollen wir den großen Siegeskranz flechten für das Haupt des Makkabäerhelden).

Doch was war die wirklich tödliche Gefahr, die uns den geistlichen Garaus machen wollte? Welche Raffinesse hatten sich die „Hellenisten“ hierzu einfallen lassen? Die nachstehende Auslegung mit dem Titel „Die Bedeutung von Chanukka“ von Dr. William Stern, die man auf der Homepage von Chabad-Lubavitsch Berlin in voller Länge nachlesen kann, zeigt eine äußert interessante Nuance auf. Sie spricht für sich und soll anschließend ergänzend kommentiert werden:

Die Bedeutung von Chanukka (von Dr. William Stern)

http://www.chabadberlin.de/library/article_cdo/aid/714840/jewish/Die-Bedeutung-von-Chanukka.htm

Unsere Weisen im Talmud (Schabbat 21b) beschreiben das Wunder von Chanukka folgendermaßen: Als die Griechen das Heilige Land besetzt hielten, drangen sie in das Hechal (das innere Heiligtum des Tempels) ein und entweihten all das dort vorhandene Öl. Nach dem Sieg der Hasmonäer fanden diese nur ein einziges Krügchen Öl vor, das anscheinend nicht angerührt worden war. Es enthielt eine Quantität Öl, die nur für einen Tag ausreichte. Damit wurde die Menora wieder angezündet – und ein Wunder geschah, indem das Öl acht Tage lang anhielt, bis neues, reines Öl hergestellt werden konnte.

Aus dieser Talmudstelle lässt sich deutlich entnehmen, dass die Entweihung des Öls kein Zufall, sondern absichtlich und systematisch durchgeführt worden war. Dazu drängt sich sofort eine Frage auf: Wenn es die Absicht der Griechen tatsächlich war, das Licht der Menora auszulöschen und ihr Wiederanzünden zu verhindern, warum beschränkten sie sich dann darauf, das Öl nur zu entweihen? Sie hätten ihr Ziel doch viel wirksamer erreicht, wenn sie es aufgebraucht oder aber es völlig zerstört hätten.

Die Antwort darauf ist diese: Unsere Weisen haben uns hier die wahre Absicht der Griechen angezeigt. Die bestand nämlich gar nicht darin, das Wiederanzünden der Menora überhaupt zu verhindern; sondern sie wollten, dass diese mit entweihtem Öl angezündet werden sollte. Daher ließen sie mit voller Absicht eine Quantität von entweihtem Öl im Heiligtum zurück, damit es gleich für diesen Zweck zur Verfügung stünde. Hierin liegt der tiefere Aspekt wie auch die "Botschaft" von Chanukka.

Die Griechen waren wohl gewillt, die Tora anzuerkennen und sie sogar zu akzeptieren, aber nur als ein schönes, ästhetisches Werk der Literatur, ein Werk von Poesie, Weisheit, Philosophie etc., vorausgesetzt dass sie als von Menschen geschaffen angesehen wurde (gleich ihrer eigenen Mythologie, die von Menschen erdacht worden war und in der die Götter in menschlicher Gestalt und Form und mit menschlichen Eigenschaften und Leidenschaften behaftet dargestellt wurden). In diesem Lichte gesehen, konnte die Tora – nein, sollte sie – von Zeit zu Zeit verändert und abgeändert werden, um sie so mit den Bestrebungen der herrschenden Schichten, den neuen Ideen und dem "Zeitgeist" in Einklang zu bringen; damit würde gleichzeitig natürlich die Beständigkeit und die Unveränderlichkeit der religiösen Satzungen – wie Schabbat, Beschneidung usw. – in Frage gestellt und beseitigt werden. Somit waren sie nicht darauf bedacht, die Tora ganz zu unterdrücken, sondern vielmehr ihre Stellung als das von G-tt gegebene Wort, als G-ttes Tora, anzugreifen.

Folglich waren sie auch nicht gegen die in der Tora enthaltenen moralischen und ethischen Werte, sondern sie verboten die g-ttlichen "Chukkim" – das sind die Vorschriften, die "jenseits" von Vernunft und Verstehen liegen, und die doch mehr als alle anderen dazu angetan sind, die jüdische Lebensweise zu charakterisieren und diese spezifisch jüdisch, geheiligt und rein zu gestalten.

Ferner – und darin lag die allergrößte Gefahr, die mit ihrem Eindringen in das Hechal verbunden war – ergab sich so, dass die Griechen sogar dafür waren, dass die Menora wieder angezündet wurde; sie waren tatsächlich bemüht, dieses durchzusetzen, und zwar ausdrücklich an der richtigen Stelle der Menora im Heiligtum, von wo aus sie, wie früher, ihr Licht überall hin ausbreiten konnte – nur dass dieses Licht von einem Öl ausgehen sollte, das den griechischen "Wesenszug" besaß, das von Heiden angetastet und dadurch unrein geworden war.“ Soweit Dr. Stern.

Die Kernaussage lautet also: Die wahre Absicht der „Hellenisten“ bestand gar nicht darin, das Wiederanzünden der Menora überhaupt zu verhindern, sondern sie wollten erreichen, dass diese mit entweihtem Öl angezündet werden sollte. Auf diese Weise sollte die Menora im Heiligtum, wie früher, ihr Licht überall hin ausbreiten – nur dass dieses Licht jetzt von einem Öl ausgehen sollte, das den „hellenistischen Wesenszug“ besaß.

Dieser „hellenistische Anschlagsplan“ wird von Dr. Stern in seinem Artikel weiter zutreffend beschrieben. Er macht damit sehr schön deutlich, dass es das offenkundige Bestreben Yavans, des Sohnes Yefets und Stammvater der „Hellenisten“ (der Yevanim) war, dass, Shem in den Zelten von Yefet wohnen sollte - und nicht umgekehrt Yefet (und damit auch Yavan) in den Zelten Shems - wie von Noach vorausgesagt (vgl. Bereshit 9:27).

Doch soll in diesem Zusammenhang eine weitere Komponente als eindringliche Warnung nicht fehlen: Achtung! Die tödliche Gefahr lauert weiterhin! Die „Hellenisten“ verfolgen nach wie vor ihre bekannte Strategie - und das seit mehr als 2000 Jahren: Rituell verunreinigtes Öl soll auf dem Leuchter erstrahlen, aber eben Öl, das den „hellenistischen Wesenszug“ besitzt.

Und hier kommen wir selbst ins Spiel; besser gesagt: auf das Kampffeld. Wir müssen uns entscheiden, welchen Beitrag wir dazu leisten wollen, welches Öl auf dem Leuchter als Licht der Welt erstrahlt: Das heilige Licht HASHEMS, das das Siegel des Kohen gadol, des gesalbten Hohenpriesters, trägt und das in der Essenz der Moshe Rabbenu übergebenen Torah, die das wahre Licht ist (Torah Or - vgl. Mishlei/Sprüche 6:23) entspricht - oder ob an dessen Stelle ein von seiner heiligen Feuersglut getrenntes unreines oder künstliches Licht brennt.

Konkret präsentiert sich der alles entscheidende Unterschied zwischen heiligem und verunreinigtem Öl heutzutage vor allem in folgenden unüberbrückbaren Gegensätzen und Sichtweisen:  

v   Das verunreinigte Öl einer von den Grundfesten der Torah in eklatanter Weise abweichenden, nicht zu erklärenden und erst recht nicht zu begreifenden Lehre einer angeblichen Trinität (quasi als getarnter hellenistischer Polytheismus oder als christianisierte göttliche Triade im Stile der römischen oder ägyptischen Mythologie mit Vater, Mutter und Kind), gar auch einer neuerdings in bestimmten Kreisen wieder aufkeimenden weiteren häretischen Sichtweise, die dem frühen modalistischen Monarchismus entspricht, wonach es verschiedene Erscheinungsformen einschließlich einer regelrechten Menschwerdung des unsichtbaren, allumfassenden G-ttes geben soll -- bei gleichzeitig verwegen-stolzem, mit Chutzpe betriebenen Hinweis auf die vermeintlich entschlüsselte Botschaft des heiligsten Glaubensbekenntnisses Israels ----- oder das heilig-reine Öl des erhabenen und klaren Monotheismus der Torah, den wir zweimal täglich, morgens und abends, bekennen, über dessen Erbe wir uns glücklich schätzen (Ashrenu, mah tov Chelkenu, u-mah na’im Goralenu) und der an der Einheit und Unteilbarkeit HASHEMS nicht den leisesten Zweifel aufkommen lässt?

v   Das verunreinigte Öl einer mehr oder weniger stark ausgeprägten, den Geist des Hellenismus atmenden Abneigung gegen die Mündliche Torah bzw. deren Geringschätzung und eines Beharrens auf der Schriftlichen Torah als „sola scriptura“ bei gleichzeitiger Beibehaltung von oder Bestehen auf überkommenen Auslegungen, Theologien und Lehrgebäuden  der jeweiligen Denomination, der man angehört, als autoritativer Maßstab zur Auslegung der „Bibel“ -- bei gleichzeitig verwegen-stolzem, mit Chutzpe betriebenen Praktizieren einer Reihe von weitgehend nur durch die soeben vehement abgelehnte Mündliche Torah erklärbaren Riten (wie Tallit/Zizit, Tefillin, Lulav, Shabbat-Kerzen, Kiddush u.v.m.) ----- oder das heilig-reine Öl einer liebevollen  Hinwendung zu den Weisheiten und Schätzen der Weisen Israels, die wir vielleicht ähnlich wie eine schwierige Stelle in der Schrift nicht gleich verstehen, aber ebenso gründlich und mit Ausdauer erforschen sollten?

v  Das verunreinigte Öl einer hellenistisch gefärbten Geringschätzung, Brandmarkung, gar auch einer Phobie vor allem, was auch nur den Ansatz von jüdisch-kabbalistisch-mystischen Gedankengängen aufweist, als kämen solche Vorstellungen aus einer Quelle, die es tunlichst zu meiden und vor der es vehement und nachhaltig zu warnen gilt -- bei gleichzeitig verwegen-stolzem, mit Chutzpe betriebener Beibehaltung von vielfältigen schwärmerisch-charismatischen Ansichten, Eingebungen, Traumdeutungen, Phantasien und dergleichen mehr ----- oder das heilig-reine Öl einer vertrauensvolle Offenheit zu einer tief im Herzen jüdischen Denkens und Glaubens verankerten Sichtweise, wonach die Torah eben nicht nur Geschichten dieser Welt erzählt, sondern die tiefsten Geheimnisse HASHEMS den Ihn Fürchtenden (Sod HASHEM lire‘av) mitteilt?

v  Das verunreinigte Öl über einen Messias Israels, der angeblich als G-tt im Fleisch gekommen sein soll (wo es doch von HASHEM heißt: „Ich bin kein Mensch“); der angeblich die Mündliche Torah kritisiert oder bekämpft haben soll (wo er doch ausdrücklich dazu auffordert, neben seinen eigenen Lehren auch den Lehren der Perushim zu folgen); der angeblich bestimmte Mitzvot der Schriftlichen Torah abgeschafft haben soll (wo er doch gesagt hat: Wer eines der geringsten Gebote aufhebt und dies andere lehrt, wird der Kleinste heißen im Himmelreich, wer sie aber lehrt und tut, der wird groß heißen im Himmelreich); der angeblich seinem geliebten Volk, zu dessen Rettung und Zusammenführung er gekommen ist, zum unerbittlichen Richter werden soll, wenn sie ihn, den hellenisierten Messias, nicht annehmen können und wollen -- bei gleichzeitig verwegen-stolzem, mit Chutzpe betriebener Missionierung, besser gesagt: Rückholung vermeintlich verlorener Juden in den Schoße der Kirche, auch wenn sie sich noch so sehr als jüdisch-messianisch betrachten ----- oder das heilig-reine Öl eines Mashiachs im Ebenbild und Gleichnis HASHEMS, wie es bereits über Adam ha-Rishon gesagt worden ist; eines mitfühlenden, zum Wohlergehen seiner Brüder gesandten Mashiachs, auch wenn die Wege lang und oft dunkel und verhüllt sind; eines treuen Sohnes seines Hauses, der klar und deutlich auf HASHEM selbst als auf denjenigen hinweist, vom dem die Torah im Bekenntnis „Sh‘ma Israel“ spricht und den es gilt, unbedingt allein anzubeten?

Was wollen wir? Welchen Preis sind wir bereit, zu zahlen? Welches Öl brennt auf unserem Leuchter? Das Feuer HASHEMS (Esh min ha-Shamayim) oder ein Irrlicht? Wir müssen uns entscheiden! Chanukka ist eine gute Zeit hierfür. Das Licht der 36 Zadikkim, das in jeder Generation leuchtet, strahlt in diesen Tagen, in denen wir auf unseren Chanukka-Leuchtern insgesamt 36 Lichter (ohne den Shamash) entzünden, besonders hell und greifbar auf. Nutzen wir das offene Fenster von oben!