Kislew 5769
Salvete Hellenisten!
„Sei dem Griechen ein Grieche und dem Juden ein Jude.“ Diesen geflügelten Satz wählte ich auch im Bezug auf Purim[1] 5768, und das aus gutem Grund. Beide Feste, sowohl Purim als auch Chanukka, handeln von Angriffen auf unser Volk, mit dem Ziel uns zu vernichten. Während Purim von den Ränken des bösen Amalekiters Haman erzählt und der Entscheidung des Judenhassers Achaschwerosch, des Königs von Medien, alle Juden physisch abzuschlachten, berichtet Chanukka von einem Feldzug des griechischen Seleukidenkönigs Antiochos IV. Epiphanes gegen unseren jüdischen Glauben und unsere Lebensart. Königin Esther und ihr Vormund Mordechai lehrten das Volk bei realer Todesgefahr auf die Kraft der Umkehr und des Gebets zu vertrauen. Matitjahu Chaschmoni HaKohen und seine Söhne lehrten uns dem gegenüber, dass gegen den religiösen Wahn manchmal auch der Kampf mit der Waffe in der Hand notwendig ist. Warum erachten unsere Weisen den griechischen Angriff als gefährlicher? Wäre es nicht schlüssiger und konsequenter, gegen die religiöse Verfolgung zu fasten und zu beten und bei realer Todesgefahr sich mit dem Schwert zu verteidigen? Was bedeutet diese Lehre von Chanukka für uns? Über diese und einige weitere Fragen wollen wir nachfolgend uns Gedanken machen.
Zum Hintergrund
167 vor unserer Zeitrechung (= v.u.Z.) hat Antiochos IV. Epiphanes (215-164 v.u.Z.), der gegenüber anderen Kulten und religiösen Praktiken durchaus liberal eingestellt war, den Tempel entweiht und seinem Lieblingsgott Zeus gewidmet. Schabbat feiern, die Beschneidung und die Twila in der Mikwe (das rituelle Wasserbad) waren bei Todesstraffe verboten, unter Zwang mussten viele Juden Götzenopfer darbringen (meistens Schweine) und deren Fleisch verzehren. Wie kam es zu diesen drakonischen Maßnahmen gegen das Judentum? Es gab dafür sowohl finanzielle, politische, als auch persönliche Gründe.
Anlässlich eines Bruderzwistes um die Macht innerhalb der herrschenden Priesterfamilie wurde Antiochos IV. als „Schlichter“ einbezogen, genauer, durch reiche Geldgeschenke und durch die Zusicherung einer kräftigen Hellenisierung Israels „günstig“ bewogen. Schließlich kam mit seiner Hilfe Menelaos zum Amt und Würden des Kohen Gadol[2], des Hohenpriesters. 169 wurde er von Jason aus dem Amt vertrieben, als dieser irrtümlich annahm, dass Antiochos auf einem Feldzug in Ägypten umkam. Menelaos wandte sich an den Seleukiden und dieser verhalf ihm wieder zur Macht. Die notorische Finanznot des kriegerischen Königs weckte seine Begehrlichkeit auf den Tempelschatz, so dass nicht allein seine Verachtung des jüdischen Glaubens und Kultes für die nachfolgende Tragödie verantwortlich war.[3] Das vollmundige Versprechen von Menelaos Israel zu hellenisieren, hatte jedoch keine reale Grundlage, obwohl eine Parteiung der priesterlichen Aristokratie, die extremen Hellenisten, durchaus seine Ziele bis zuletzt unterstützten. Es prahlten zwei Weltanschauungen aufeinander, die griechische und die jüdische, die von den gesetzestreuen Priestern, den Pharisäern und der Masse des Volkes getragen wurde. An deren Spitze stellten sich Matitjahu HaKohen und seine Söhne, die Makkabäer.
Die zwei Weltanschauungen
Worin besteht der wesentliche Unterschied zwischen der griechischen und der jüdischen Weltanschauung, und warum sind sie nicht vereinbar?
Die griechische Philosophie betrachtet den Menschen als ein Vernunft begabtes Wesen, das Entscheidungen nach eigenem Ermessen treffen kann, doch seinem Schicksal kann das Individuum dabei nicht entrinnen, wie es die vielen griechischen Tragödien sehr anschaulich erzählen. Dazu gehört, dass es für den Menschen keine Möglichkeit gibt, das Prinzip von Ursache und Wirkung zu unterbrechen. Wenn ein Mensch unter einem bestimmten Stern geboren ist, dann „rollt“ sich einerseits zwangsläufig die Vorsehung über ihn hinweg, andererseits ist er gefangen in einem festgelegten Ablauf von Ereignissen, die das Individuum selbst und/oder eine fremde Person oder Macht bestimmte. Demnach gibt es innerhalb dieses Systems keinen Platz für die im Judentum immanent wichtige Institution der TSCHUWA Umkehr, die den Menschen von den Folgen der Sünde befreit. Das Konzept eines vollkommenen g-ttlichen Gesetzes, der Sünde und der Sühne, der Auferstehung von den Toten, des Endzeitgerichts und der Wiederherstellung der Schöpfung, des ewigen Lebens und des ewigen Todes für die Hitler dieser Welt, vor allem weil ein unsichtbarer G-tt als ein realer König und Herrscher regiert, widersprach der griechischen Weltanschauung. Die griechische Götterwelt ist von Willkür und niederen Beweggründen bestimmt. Die Götter sind zwar unsterblich und mächtig, sie verfügen über übermenschliche Kräfte, doch am besten geht es den Menschen, wenn diese sich nicht in die irdischen Dinge einmischen, anderenfalls kommt es unweigerlich zu einer Katastrophe. Im Übrigen können bezeichnender Weise auch die Bewohner des Olymps dem Schicksal nicht entgehen.
Damit wird auch der Unterschied der Opferbedeutungen deutlich. Während die heidnischen Opferrituale den jeweiligen (für die Erfüllung der Bitte zuständigen) Gott zu besänftigen oder günstig stimmen sollen (damit dieser nicht beleidigt wird u. ä.), ist das vorrangige Ziel des Juden, durch ein Sündopfer seine Seele zu heilen und dadurch in eine intakte Beziehung zum Schöpfer zu gelangen. Ist der Mensch von den Folgen der Sünden befreit, kann er ein „neues“, sprich von keiner fremden Macht bestimmtes Leben beginnen, das er selbst im Einklang mit seinem G-tt und der Gemeinschaft der G-ttesfürchtigen, gestalten kann. Aus diesem Grund betrachten sich die Kinder Israels als Freie, Bnej Chorin, sie sind Diener G-ttes, ein Priesterliches Königtum und Kinder des Höchsten G-ttes, des EL ELJON. Sie sind keine Sklaven des blinden Zufalls, dass man Schicksal nennt. Ihr höchster Richter ist nicht blind, taub oder stumm, sondern barmherzig und gerecht, also einer, der in Seiner Beurteilung auf den Einzelfall samt allen seinen Besonderheiten eingeht. Schließlich glauben die Israeliten, dass es sogar dann eine Hoffnung für sie gibt, wenn alle „objektiven“ Gründe gegen sie sprechen; dann wenden sie sich an den „Himmlischen Vater“ mit Seinem Namen der vollkommenen Barmherzigkeit (Schemot 334,6-8) und erflehen Vergebung (siehe Jom HaKippurim), um durch Seine Liebe von der Sünde gereinigt und dadurch von den schlimmen Folgen der Sünde wieder frei zu werden.
Diese Art von Freiheit, gewährt von G-tt König zur Einheit mit Ihm, und wenn es der Schöpfer von Himmel und Erde persönlich ist, widerspricht der heidnisch- griechischen Weltanschauung insgesamt und der von Atiochos IV. Epiphanes, einem Zeusanbeter, ganz besonders. Er betrachtete sich, wie fast alle Herrscher der Antike, als eine Lichtgestalt, erwählt vom Schicksal und bestimmt zur Herrschaft; Epiphanes bedeutet auf Griechisch entsprechend der erscheinende Gott. Der Seleukidenkönig war zweifellos ein herausragender Herrscher seiner Zeit. Sein Vater, Antiochos III. war 189 v.u.Z. von den Römern besiegt worden, sodass Antiochos IV. 14 Jahre in Rom als Geisel verbringen musste. Erst 175 hat der römische Senat ihn zum König ernannt. Er besiegte Ptolomaios VI. und Ptolomais VII., die Ägyptischen Könige, und hätte damit ein Reich errichtet, das fast so groß wäre, wie das des großen Makedoniers. Erst die Einmischung Roms machte seine Pläne zunichte, und er musste sich aus Ägypten zurückziehen. Aber nicht aus Israel. Es scheint, als hätte sich Antiochos IV. vorgenommen, seine Enttäuschung und den Frust wegen seines Scheiterns an Israel als Sündenbock auszulassen. Gleichzeitig bot ihm der Tempelschatz die Mittel, um neue und frische Streitkräfte aufzustellen, er plünderte gern auch die Schätze der griechischen Götter. Tatsache ist, dass nach der Plünderung des heiligen Tempels in Jeruschalajim, der Seleukid bei dem Versuch, den Tempel der Artemis in Elymais[4] zu berauben, verstarb. Er scheiterte in allen seinen Vorhaben. Politisch, weil es Antiochos IV. Schicksal war, dass zu seiner Zeit Rom seinen Willen der Welt aufzwang; persönlich, weil er, Epiphanes, die (damals schon) altertümlichen „Hinterwäldler“ in Israel von ihrem religiösen Irrtum nicht „befreien“ konnte.
Tatsächlich kann man allein mit „Vernunftgründen“ weder die antijüdischen Erlasse selbst, noch deren entschlossene und grausame Durchsetzung durch Antiochos IV. nachvollziehen. Ginge es ihm „nur“ um Geld, so hatte er bereits enorme Schätze sowohl von Janos als auch Menelaos erhalten, und er hätte wegen des Dauerkonflikts innerhalb der jüdischen Aristokratie noch mehr bekommen. Wozu die goldene Gans mit einem enormen personellen, materiellen und finanziellen Aufwand schlachten, wenn man durch geschicktes politisches Taktieren mehr erreichen konnte? Und Antiochos IV. war darin durchaus ein Meister. Wie konnte er sonst das römische Senat überzeugen, ihn, den Sohn eines besiegten Königs, wieder zum König zu ernennen? Gerade in seiner größten Siegesstunde war er Realpolitiker genug, um auf eine Machtprobe mit Rom zu verzichten und das besiegte Ägypten zu räumen. Um Sicherung der politischen Einflusssphäre konnte es auch nicht gehen, da Israel bereits seiner Obrigkeit unterworfen war.
Hass ohne Grund und die Verfolgung der Juden
Wozu also die antijüdischen Erlasse und die Grausamkeit? Das Vorgehen von Antiochos IV. in Israel erinnert mehr an die Vergewaltigung durch einen Besessenen, der seine perversen Phantasien an einer schutzlosen Frau austobt, als an einen klugen Herrscher, und Antiochs war ein solcher, der stets an die Stabilität in seinem Reich, Bewahrung der Macht, und wenn möglich an deren Ausweitung denkt und entsprechend handelt (siehe oben). Kann man seine Entscheidungen allein mit „realpolitischen“ Gründen erklären, wie es z.B. Martin Noth tut (siehe Anmerkung 3)? Ich meine, nicht.
Unsere Weisen kennen für die sinnlose Grausamkeit gegenüber Israel einen anderen Grund: Es ist der grundlose abgrundtiefe Hass, der seine Wurzeln unmittelbar im EJTZER HARA, bösen Trieb hat, und er ist das Gegenteil von der bedingungslosen Liebe, also HASCHEM, der Quelle der Liebe, der schließlich keinen weiteren Grund als Liebe benötigt, um zu vergeben und zu vergessen und einen Neubeginn mit dem Menschen zu wagen, damit dieser in die ewige Seligkeit in der Ruhe bei G-tt gelangt.
Gegen diese Lebensanschauung waren die antijüdischen Erlasse gerichtet. Das Verbot der Beschneidung zielte gegen den Bund Abrahams, dem Vater des Glaubens, und dem Stammvater Israels selbst.
Das Verbot das Schabbat zu halten, einem Bundeszeichen mit HASCHEM (Schemot 31,16-17), zielte gegen die Einheit der Gemeinschaft Israels, die sich gerade dort, in der Heiligung des Schabbats und des Namens G-ttes als Ziel des Lebens als solche manifestiert.
Das Verbot der Twila, der rituellen Reinigung, zielte gegen die Ehe und das neue Leben, denn die gesetzestreuen Juden konnten dadurch das erste Gebot „seid Fruchtbar und mehret euch“ nicht erfüllen und mussten daher die Ehe scheiden.
Der Zwang, den Götzen zu opfern, sollte Israel zum G-ttesdienst disqualifizieren, sie für immer von G-tt zu scheiden.
Das Verbot, Thora zu lehren und zu lernen, sollte zum Aussterben des geistigen Lebens des Volkes führen. Die Thora ist das Fundament des gesellschaftlichen Zusammenlebens, der Beziehung mit HASCHEM, sie ist die Quelle der Macht der Könige Israels und seiner Priester, Ursprung des Gesetzes, Richtschnur der Richter.
Und nicht zuletzt – die Entweihung des Tempels und die Aufstellung des Zeusbildnisses dort sollten die Juden nicht allein verhöhnen, sondern auch einem jeden vor Augen führen, dass die Juden sich betreffend ihres G-ttes, ihres Glaubens und ihrer gesamten Lebensanschauung gründlich geirrt hatten. Wo war ihr G-tt? Wo war Seine Macht? War das alles nicht doch nur eine Erfindung findiger Geister?
Die Bedeutung des 25. Kislew
Am 25. Kislew, an dem Tag, der nach der Tradition derselbe sein soll, als im Innersten des Ewigen, gelobt sei Er, die Entscheidung aufkeimte, die Welt zu erschaffen, welche Er neun Monate später, am 25. Elul ins Dasein rief, wie es heißt: „Ein Lied; von Asaph. Der Mächtige, G-tt, der Ewige, hat geredet und die Erde gerufen vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang“ (Tehillim 50,1), eben an diesem Tag stellten die Griechen und ihre hellenisierten jüdischen Schergen das Götzenbild im Tempel auf.
Schon die Erlösungsgeneration hat den 25. Kislew besonders geehrt, denn Bezalel ben Uri und seine Meister hatten sich vom Jom Kippur an (dem 10. Tischri, es war der zweite Wochentag, also Montag) bis zum 25. Kislew sich mit der Detailplanung des Mischkan beschäftigt, als Mosche Rabbenu die neuen Bundestafeln tragend vom Sinai zum dritten Mal hinab gestiegen war. Bis zum heutigen Tag gelten daher die 75 Tage zwischen den zwei Festen, zumindest dort, wo diese Tradition noch bekannt ist, als JAMEJ HAGE’ULA die Tage der Erlösung.[5] Chanukka und Purim wiederum sind zwei Genossen, die Sohar die zwei „Schenkel“ nennt, „NETZACH Sieg“ für Purim, und „HOD Dankbarkeit“ für Chanukka, dass als das Fest des Hallels, des Lobpreises gilt[6].
Dies erklärt, weshalb es für die Kohanim, den Priestern um Matitjahu und seinen Söhnen, so wichtig war, drei Jahre nach der Entweihung genau am 25. Kislew den Tempel wieder einzuweihen. Es wird berichtet, dass nur ein Krüglein des heiligen Öls, versiegelt durch den Hohepriester, gefunden wurde. Dessen Inhalt reichte nur für einen Tag den Leuchter zu nähren, während die Zubereitung neuen Öls acht Tage in Anspruch nahm. Dennoch zündeten die Priester die Menora im Tempel an und es geschah ein Wunder – die Menora leuchtete auf eine übernatürliche Weise die gesamte Zeit der Ölzubereitung, also volle acht Tage ab dem Vorabend des 25. Kislew.
Der Sieg und die Verheißung
Der übermächtige Feind wurde mit G-ttes Hilfe besiegt. Seit dem Jahr 164 v.u.Z. feiert unser Volk das Chanukkafest und gedenkt der Hingabe der Märtyrer jener Zeit, aber auch der Märtyrer aller Generationen bis zum heutigen Tag. Unsere Rabbiner haben uns etliche Hinweise in der Thora überliefert, die auf den 25. Kislew zeigen. So heißt das 25. Wort der Thora "OR, Licht“. Im Zusammenhang mit Abraham Awinu (Bereschit 22,5) und Mosche Rabbenu (Mosche 2,12) taucht das Wort " כה KO, also" auf, dessen Zahlenwert 25 ist. Der Prophet Jeschajahu (43,1) überbringt eine der bedeutendsten Verheißungen im Zeichen כה KO וְעַתָּה כֹּה-אָמַר ה' בֹּרַאֲךָ יַעֲקֹב וְיֹצֶרְךָ יִשְֹרָאֵל אַל-תִּירָא כִּי גְאַלְתִּיךָ קָרָאתִי בְשִׁמְךָ לִי-אָתָּה "Und nun, KO כה also sagt der Ewige, Ich habe dich erschaffen Jakow und Ich habe dich gebildet Israel, fürchte dich nicht, denn Ich habe dich erlöst; dich bei deinem Namen genannt, Meiner bist du“.
Obwohl Israel nach dem Sieg der Chaschmonim weiteres unzähliges Leid erlitten, der heilige Tempel von den Römern vernichtet, das Volk in der Welt zerstreut, verachtet, verfolgt und getötet wurde, nehmen wir überall hin das Licht des Chanukkafestes mit uns, und zünden es an acht Tagen in unseren Häusern an. Was ist das Geheimnis dieses Lichts, dass es dauerhafter und stärker leuchtet, als das der Menora im heiligen Tempel?
Das Chanukkalicht ist das Feuer unserer unsterblichen Seele, das zuletzt den Feind verzehren wird, wie es heißt (Obadja 1,18): „Und das Haus Jakow wird ein Feuer sein, und das Haus Joseph eine Flamme, und das Haus Esau zu Stoppeln; und sie werden unter ihnen brennen und sie verzehren. Und das Haus Esau wird keinen Übriggebliebenen haben, denn der Ewige hat geredet“. Diese Flamme wird vom Öl des Meschiach Zidkenu, dem Kohen Gadol in Ewigkeit, genährt, auch wenn die meisten unseres Volkes seinen Namen noch nicht erkannt haben. Denn schon das Harren auf ihn bewirkt, dass der glimmende Docht in unserer Mitte nicht ausgelöscht werden kann.
Diejenigen aber, die das Vorrecht der Gnade G-ttes haben, den Namen des Maschiach zu kennen, haben umso mehr die Pflicht, den Herrn des Alls zu preisen und die Chanukkalichter wo immer wir sind. anzuzünden.
Chanukka und die Sendung
Ich bin überzeugt davon, dass die Sendung des Herrn bis zum heutigen Tage gilt. Während unsere Väter und die meisten von uns nicht, oder nicht ganz freiwillig in der Diaspora waren und sind, verändert die Sendung die Qualität unseres Lebens außerhalb des Heiligen Landes, wenn wir die Chanukkija, den Chanukkaleuchter, im Namen von Jeschua HaMelech HaMaschiach zum Leuchten bringen, und zwar nicht nur im Monat Kislew.
Wie tun wir das? In dem wir die Thora und die Mitzwot von Mosche Rabbenu, unsere Tradition und den G-ttesdienst Israels bewahren und deren Verständnis all denen öffnen, die den Weg zur Versöhnung mit HASCHEM, dem G-tt Israels suchen. Denn wie anderes können die Völker den jüdischen Erlöser kennen lernen und erfahren, wenn nicht von seinen Brüdern? Hat sich nicht längst erwiesen, dass die fremden „Erkenntnisquellen“ zu Qualen Israels und der Menschheit mutieren?
Vielfach wurde ich von unseren christlichen Freunden und nicht selten von Jeschua gläubigen Juden auf diverse Stellen im Neuen Testament angesprochen, die nachweisen sollen, dass das Gesetz von Moses seine Gültigkeit seit dem Kommen von Jesus Christus seine Gültigkeit zumindest zum Teil eingebüßt hatte. Ich kann und will hier keine neue Diskussion zu diesem Thema entfachen. Doch wegen des Chanukkafestes erscheint es mir angebracht, in seinem Licht einige Gedanken anzuregen.
Wenn Jeschua HaMelech HaMaschiach zur Zeit der Makkabäer gelebt hätte, auf wessen Seite wäre er gewesen, bei den Hellenisten oder den Makkabäern? Als ich vor einigen Jahren während eines Seminars diese Frage in den Raum stellte, wurde mir u. a. erwidert: Auf seiner eigenen Seite, also bei keiner der beiden. Diese Antwort hat aus der Sicht der traditionellen heidnisch-christlichen Lehre einiges für sich. Schließlich gilt dort auch heute noch in weiten Kreisen die Maxime, dass der Messias „das Judentum überwunden hatte“[7]. Doch der Sprecher war einer meiner Volksgenossen. Als ich nachfrage, führte der gute Mann an, dass Jeschua zu seiner Zeit eine ähnliche Situation vorfand, aber einen Weg gefunden hatte, den Bürgerkrieg zu vermeiden. Ich konnte ihm für diese Gedanken nur danken. Gern würde ich mich ihm anschließen, auch heute. Aber ich bezweifle, dass Jeschua, der mit Peitschen durch den Tempelbezirk marschierte und die Händler hinaustrieb, die andere Wange hingehalten hätte, wenn man das Haus seines Himmlischen Vaters einem Götzen zum Fraß vorwarf.
Für drei Dinge sollte ein g-ttesfürchtiger Mensch sein Leben einem Martyrium aussetzen: Wenn man zum Götzendienst gezwungen wird; wenn man gezwungen wird, einen Menschen umzubringen; und wenn man zur Unzucht gezwungen wird (siehe Apostelgeschichte 15,20). Darum hätte der Rabbi Jeschua HaMaschiach den Kampf gegen Antiochos IV. auch mit der Waffe in der Hand aufgenommen, das ist meine Meinung. Zur Zeit Jeschuas war kein Jude zum Götzendienst, Unzucht oder Mord gezwungen gewesen, ebenso wenig zur Zeit von Mordechai und Esther. Dies erklärt einerseits, warum die Makkabäer zu den Waffen gegriffen hatten, andererseits weshalb Mordechai und Esther nicht zu den Waffen riefen, sondern zum Fasten und Beten.
Heute befinden auch wir uns in keiner Zwangslage, unser Leben zu opfern. Es fragt sich, warum wir, bußfertige Juden, ohne Not bereit sind, den mündlichen Lehren der Griechen und Römer mehr Glauben zu schenken, als der mündlichen Lehre von Mosche Rabbenu und unserer Väter? Die inbrünstige Treue der meisten der bekennenden Christen zur Trinität kann man sogar bewundern, wie unlogisch diese auch klingen mag. Hat Jeschua auch an die Trinität geglaubt? Lehrte er nicht das Schma[8] (Markus 12,29)? Wenn er im himmlischen Tempel als Hohepriester dient, wem dient er dann? Betet er sich selbst an, oder einen größeren (Jochanan 14,28)? Was bedeuten die ersten zwei Gebote des Dekalogs, wenn nicht, dass es nur einen G-tt gibt und dass wir keinen anderen anbeten, ihm dienen oder uns verneigen sollen (Schemot 20,2-5)?
Warum sollten wir den Glauben an den einen G-tt Israels weniger beachten, als die Heidenchristen ihre Trinität? Oder besser: Sollten wir nicht dem Herrn folgen, und das Schma leben?
Und weiter. Wenn man Jeschua verboten hätte, die Tefillin und die Zizith zu tragen, hätte er dieses Verbot beachtet?
Hätte man zu seiner Zeit den Frauen verboten, das Reinigungsbad zu nehmen, wäre er gleichgültig geblieben? Hätte seine Mutter Mirjam ihn dann überhaupt empfangen können?
Hätte man Jeschua zwingen wollen, einen Menschen zu töten, hätte er das etwa gemacht?
Hätte man ihn zwingen wollen, seine Vorhaut sich wieder anzunähen, hätte er das mit sich machen lassen?
Hätte man ihm verboten, Thora zu lernen und zu unterrichten, hätte er das getan?
Hat er nicht für die Freiheit, das Gesetz G-ttes in Wharheit und Geist beachten zu können, sein Leben geopfert?
Ich meine, Jeschua HaMelech HaMaschiach ist der vollkommene Jude und darum auch der vollkommene Mensch und damit der Sohn G-ttes, denn das ist das Ziel unseres Lebens, von HASCHEM noch vor der Erschaffung der Welt so geplant – ein Mensch ihm Wohlwollen G-ttes zu sein. Jeschua HaMelech HaMaschiach ist das Chanukkalicht, das ist das Licht der Weihe des Himmlischen dritten Tempels, auf den wir warten, möge er bald und in unseren Tagen erscheinen! Amen, Sela.
Kürzlich, anlässlich des 9. November 2008 las ich folgende Zeilen im Rundbrief eines bekannten heidenchristlichen Israel-Freundes:
<<Im Gegensatz zu dem, was damals [während des Holocaust] geschah, wollen wir in der Gegenwart Gottes sagen: ‚Wir heißen Euch willkommen! Wir heißen Eure Nation willkommen! Wir begrüßen Eure Gaben und Berufungen! Wir möchten Menschen jüdischen Glaubens in unserer Mitte haben, um mit ihnen gemeinsam die Zukunft zu gestalten.’>>
Heute frage ich diesen Freund: Ich bin hier, in Ihrer Mitte, ein traditioneller Jude und Jeschua gläubig, aber nicht an die Trinität. Bin ich willkommen? Beweisen Sie es mir und allen anderen Söhnen und Töchtern Israels und vielen, vielen Menschenfreunden. Meine Hand ist ausgestreckt und ich sage:
SCHALOM BESCHEM JESCHUA HAMASHCIACH WEMELECH HAJEHUDIM!
Den Konformisten unter den Juden rufe ich aber zu: Salvete Hellenisten, der Herr kommt bald! Maranatha!
Ein frohes und lichtes Chanukkafest!
Euer Baruch ben Mordechai HaKohen
21. Kislew 5769 / 18.12.2008
[1] Siehe „Gedanken zu Purim 5768“
[2] Etwa zwischen 175-170 v.u.Z.
[3] Siehe Geschichte Israels von Martin Noth, Seite 326. Veröffentlicht von Vandenhoeck & Ruprecht, 1986, ISBN 3525521200, 9783525521205, 438 Seiten
[4]Elam, die Hauptstadt war Schuschan. Liegt in heutigem Westteil Irans.
[5] Siehe Schel“a HaKadosch, Massechet Joma, Per. Derech Chajim 49
[6] Darum hat Rambam, Rabbi Mosche ben Maimon, die Halachot von Hallel in den Hilchot Chanukka (3) eingeordnet.
[7] Diese Meinung wird auch von dem gegenwärtigen Papst Benedikt XVI. vertreten, wie er in seinem Buch Jesus von Nazareth schreibt.
[8] SCHMA ISRAEL HASCHEM ELOENU HASCHEM ECHAD „Höre Israel der Ewige ist unser G-tt, der Ewige ist einer“ (Dwarim 6,4) ist das Glaubensbekenntnis Israels und drückt den Glauben an den einen und einzigen unteilbaren G-tt Israels aus.