Parascha “PINCHAS“
Belebende Parascha
Thora-Deutungen des Lubawitscher Rebben für die Gegenwart
von Rabbiner Benjamin Sufiev
Band II
G‘TT, DAS LAND ISRAEL UND DAS JÜDISCHE VOLK
Unser Wochenabschnitt behandelt die Landverteilung Israels unter den zwölf Stämmen,
welche durch das Los vollbracht werden sollte. Tatsächlich war das Los nur eines von drei
Wegen, das Land aufzuteilen.
Zuallererst musste man bei der Landverteilung die Größe der Stämme bedenken: Den
Vielen gibst du viel Eigentum, den Wenigen gibst du wenig Eigentum (Bamidbar 26:54).
Dies ist Landverteilung anhand des Anteils eines jeden. Der zweite Weg ist die Verlosung
der Landteile: Doch nach dem Los werde das Land verteilt (Bamidbar 26:55). Der dritte
Weg ist das Erbe: Und Ich gab euch das Land als Erbe (Sch‘mot 6:8).
Diese drei Wege der Landverteilung stehen für drei Stufen der Verbundenheit
zwischen dem Volk Israel und dem Land Israel.
Der “Anteil“ drückt die Verbundenheit zu dem Land auf der Ebene des Verstandes aus,
wie auch die Landverteilung auf diesem Weg auf dem Verstand beruhte: Je nach Größe
des Stammes die Größe des Landteils. Das “Los“ drückt eine Bindung aus, die über den
Verstand geht, wie auch die Landverteilung durch das Los nicht auf logische Überlegung
beruhte. Das “Erbe“ steht für eine innerliche, seelische Verbundenheit, wie auch der Erbe
seine Eltern beerbt, weil sie ein Teil sind.
Das Volk und sein Land
Die Vererbung des Landes Israel an das Volk Israel ist nicht bloß der Erhalt eines Stückes
Erde an irgendein Volk. Es besteht ein tiefes Verhältnis zwischen ihnen. Das Land Israel
gilt als das “Erbe“ G‘ttes (Sch‘muel I 26:19). Der Midrasch erzählt, dass G‘tt das Land Israel
und das Volk Israel zusammengeführt hat, weil Er beide sehr lieb hat (Bamidbar Rabba
23:7). Es handelt sich hier also um ein Dreieck der Verbundenheit zwischen G‘tt, dem Volk
Israel und dem Land Israel.
Tatsächlich finden wir die drei Stufen der Verbundenheit zwischen dem Volk Israel und
dem Land Israel (Anteil, Los, Erbe) auch zwischen G‘tt und dem Volk Israel. Dies drücken
wir auch im Morgengebet aus: „Wie glücklich sind wir doch mit unserem Anteil, wie
angenehm ist unser Los, wie schön ist doch unser Erbe.“ (aus dem Morgengebet:
‘Segenssprüche am Morgen‘).
Unsere Taten und G‘ttes Wahl
Die Verbundenheit namens “Anteil“ ist die Bindung des Juden zu G‘tt anhand seines
G‘ttesdienstes. Diese Art von Bindung ensteht erst, sobald man die Mitzwot erfüllt, und ihre
Stärke hängt von dem Maße der Mitzwot ab. Deshalb ist sie bedingt und begrenzt.
Die Verbundenheit namens “Los“ ist eine Bindung, die nicht von den Taten des Juden
abhängt. G‘tt selbst rief sie hervor, als “Er uns aus allen Völkern erwählte“ (aus ‘Birkat
HaThora‘). Diese Wahl G‘ttes steht über jeder Überlegung. Denn bekanntlich bedeutet
echte freie Wahl, wenn sie von keinem Faktor, nicht einmal von Überlegungen zwischen
gut und schlecht, beeinflusst wird. Deshalb geht diese Art von Bindung viel tiefer, denn sie
hängt nicht von den Taten des Juden ab.
Doch wie tief diese Bindung auch gehen mag, bleiben schlussendlich G‘tt und der
Jude zwei Individuen. Sie verbinden sich zwar, doch bleiben sie an sich zwei.
Aber bei der Verbundenheit namens “Erbe“ gibt es nicht mehr den Juden als eigenes
Individuum, sondern er und G‘tt werden eins, wie der Erbe an der Stelle der Eltern tritt, weil
sie eigentlich ein Wesen sind. Dies ist der höchste Grad an Verbundenheit.
Drei Epochen
Diese drei Arten der Verbundenheit zwischen G‘tt und dem Volk Israel kommen allgemein
in drei Epochen zum Ausdruck.
Die Bindung vom Thoraerhalt war auf der Stufe “Anteil“. Beim Thoraerhalt erwählte G‘tt
das Volk Israel, es entstand eine übernatürliche Bindung namens “Los“. Die tiefste Bindung
jedoch, in der G‘tt und das Volk Israel eins sind, wird sich zur vollkommenen Erlösung
zeigen.
(Likutej Sichot, Band 28, Seite 174)