Paraschat “ZAW“
Auszug aus: Zeitlos aktuell - Gedanken zum Wochenabschnitt, von Dr. Zwi Braun
Dankbarkeit
„Und dies ist die Lehre des Friedensmahlopfers, welches er Gʻtt darbringt. Wenn er es wegen einer
Dankespflicht darbringt, so bringt er zum Dankesmahlopfer mit Öl verrührte Mazzotbrote“ (Wajikra 7: 11,12).
Raschi zitiert den Talmud, der basierend auf einem Kapitel der Psalmen festlegt, wer zu
besondem Dank verpflichtet ist:
Rabbi Jehuda sagte: Vier müssen einen Dankessegen sprechen - die das Meer
befahren, die in der Wüste reisen, wer krank war und genesen ist, wer im Gefängnis
eingesperrt war und freigekommen ist“ (Brachot 54b).
Der Talmud zitiert den Psalm 107, um seine These zu belegen:
“Woher dies von denen, die das Meer befahren? Es heißt: Die zu Schiff das Meer
befahren ... sie schauten die Taten des Herrn ... und Er ließ einen Sturmwind entstehen ...
sie steigen bis zum Himmel und sinken bis zum Abgrund ... sie taumeln und wanken gleich
einem Betrunkenen ... in ihrer Not schrien sie zu Gʻtt, Er rettete sie aus ihrer Bedrängnis. Er
bringt den Sturm zum Schweigen ... sie freuen sich, dass sie ruhig geworden ... sie mögen
Gʻtt für Seine Güte danken und wegen Seiner Wunder für die Menschen (107: 23-31).“
“Woher von denen, die in der Wüste reisen? Es heißt: Sie irrten in der Wüste umher und
fanden keine bewohnte Stadt ... da schrien sie zu Gʻtt ... und Er führte sie auf den geraden
Weg ... sie mögen Gʻtt für Seine Güte danken ... (107: 4-8).“
“Woher dies von dem, der krank war und genesen ist? Es heißt: Die Toren werden durch
ihren frevelhaften Wandel und durch ihre Sünden geplagt. Jegliche Speise verabscheut
ihre Seele und sie gelangten an die Pforten des Todes. In ihrer Not schrien sie zu Gʻtt ... Er
sendet Sein Wort und heilt sie ... sie mögen Gʻtt für Seine Güte danken ... sie opfern
Dankesopfer und erzählen Seine Taten mit Jubel (107: 17-22).“
“Woher dies von dem, der im Gefängnis eingesperrt war? Es heißt: Die in Finsternis und
Dunkelheit sitzen, gefesselt in Elend und Eisen. Weil sie den Worten Gʻttes
zuwidergehandelt ... und Er beugte ihr Herz durch Mühsal ... da schrien sie zu Gʻtt in ihrer
Not ... Er führte sie aus Dunkelheit und Finsternis heraus ... sie mögen Gʻtt für Seine Güte
danken (107: 10-16).“
Nach der Zerstörung des Tempels sind unsere Gebete an die Stelle der Opfer
getreten. Unsere Weisen haben für die Errettung aus den erwähnten oder ähnlichen
Situationen das Rezitieren eines Segensspruches angeordnet (Birkat haGomel):
“Gelobt seist Du, Ewiger, unser Gʻtt, König der Welt, der den Schuldigen (vielleicht besser:
der Ihm Schuldenden) Gutes erweist und mir soviel Gutes erwiesen hat.“
Gewöhnlich spricht man diese Bʻracha innerhalb von 30 Tagen nach dem betreffenden
Ereignis, und zwar nach dem Aufruf zur Tora (Orach Chajim 219: 1-9). Danach antwortet
die Gemeinde: “Der dir Gutes erwiesen hat, möge dir auch weiterhin viel Gutes erweisen,
Sela.“
Während wir heute, abgesehen von Kreuzfahren, das Schiff kaum noch benützen, sind
Flugreisen gang und gäbe. In Bezug auf Birkat haGomel gibt es dabei verschiedene
halachische Meinungen. Manche sprechen die Bʻracha nur nach Langzeitflügen, die über
das Meer oder Wüstengebiete geführt haben. Eine ausführliche Diskussion dazu findet sich
im Responsenwerk “MiJam haHalacha“ von Rabbiner Jona Metzger (Teil III, 21).
Doch sind wir nicht nur gegenüber Gʻtt aufgerufen, Dankbarkeit zu bezeugen. Wir sind
auch gegenüber unseren Mitmenschen bei erwiesenen Wohltaten zu Dankbarkeit
verpflichtet. Im Sefer Orach Mescharim (Mainz 1878) von Menachem ben Awraham, einem
kleinen Schulchan Aruch der ethischen Gebote, ist das Kapitel 27 ganz der Verpflichtung
zu Dankbarkeit gewidmet. Laut Midrasch wird in der messianischen Zeit das einzige Opfer,
das wir noch darbringen werden, Dankesopfer sein.